Landschaft oder Architektur

gelatin silver prints 1990/91 | 160 x 120 cm

 

... Wie soll man nun eine Abfolge von fünf photographischen Tafelbildern aufnehmen, die offensichtlich jede dokumentarische Absicht vermeiden, aber gleichzeitig die richtungsweisende Inszenierung des Bilderbogens verweigern, ohne nach dem Status dieser Bilder, ihrer provokanten Unbestimmtheit zu fragen? Was soll ein Ensemble von fünf einzelnen Bildern, die keine Geschichte erzählen, weder einen Ort noch eine Situation beschreiben und sich sogar vom Interpretationszusammenhang abzusondern scheinen, der durch ein handschriftliches Werk gegeben ist? Für mich, der ich schreibe, behauptet sich hier das Tafelbild in einer negativen Weise, als ein Widerstand gegen die Befragung und Untersuchung, die es auslöst, die es provoziert. Ist es ein stummer Körper, der seine Symptome beschützt?
Kein Satz, nicht einmal der Lakonismus eines einfachen, evidenten Faktums. Diese fünf Landschaften haben nur eines gemeinsam: sie sind mehrdeutige Orte zwischen Natur und Architektur. Aber kann man von Orten sprechen? Ein Ort ist im allgemeinen besser definiert. Diese da sind bezeichnet, sie sind konstruiert - und halb zerstört -, aber sie haben keine Geschichte, ihre Geschichte bleibt ungesagt. Ihre Mehrdeutigkeit hat letztlich keinen anderen Grund als den, diesen Mangel einzuschreiben, der sie davor bewahrt, zu Nicht-Orten zu werden. Sie sind also ausstehende Orte, in denen sich die Ungewißheit - keine Zustand der Welt, sondern ein Zustand der Ungewißheit im In-der-Welt-Sein - mit dem Vergessen und der Erwartung vermählt.
Diese Welt ist natürlich nicht mehr bewohnbar (wenn sie das je war), aber sie muß noch gezeigt werden, wegen allem, was da die Vergessenheit besiegelt. Einige in Tafelbilder vereinzelte Stücke des Raumes sind weniger ihre Repräsentation als die Extraktion einer "imaginären" Qualität (in der Lacanschen Bedeutung des Wortes), wo Sprache, ein Beginn von Artikulation schmerzhaft nach sich sucht. more

aus dem Text von Jean-Francois Chevrier 1990, übersetzt von Werner Rappl